Im Jahre 1559 verlor Dithmarschen seine Freiheit. Nachdem der Oberbefehlshaber der Invasionsarmee Ritter Johann Rantzau am Tage zuvor den Flecken Brunsbüttel erobert hatte, schrieb er am 7. und 8. Juni 1559 in Ostermoor zwei Briefe an den dänischen König.
Der zweite Brief bezieht sich auf die etwa 700 wehrlosen Dithmarscher Männer, Frauen und Kinder, die sich ihm soeben auf Gedeih und Verderb ergeben hatten. Es handelte sich um Flüchtlinge, die sich auf einer „mit zwey Häusern besetzte[n] und mit Wasser und Sümpfen umgebene[n] Wurth“ verschanzt hatten. Zur genauen Lage dieser Wurt schweigen die Chronisten jedoch. War die Josenburg die letzte Zufluchtstätte der Dithmarscher?
Die letzte Fehde
Im Mai und Juni des Jahres 1559 unternahm der dänische König Friedrich II. zusammen mit dem Herzog von Schleswig-Holstein-Gottorf Adolf I. einen Kriegszug gegen die Bauernrepublik Dithmarschen. Anders als früher (1319, 1403/04, 1500) konnte der Angriff der Fürsten diesmal nicht abgewehrt werden. Dithmarschen wurde erobert und zwischen Friedrich II., Adolf I. und dem Herzog von Schleswig-Holstein-Hadersleben Johann II. aufgeteilt.
Der Krieg von 1559 wird die „Letzte Fehde“ genannt, weil er die Unabhängigkeit Dithmarschens beendete.
Brunsbüttel wird erobert
In seiner Chronik beschreibt Bolten (1784, 364) einen Teil der Kampfhandlungen, darunter die Eroberung des Kirchspiels Brunsbüttels durch die fürstlichen Truppen:
„Am 6.6.1559 rückte der Feldherr [Johann Rantzau] mit den oldenburgischen, wrisbergischen und waltherthumischen Völkern und Moritz Ranzaus Geschwader aus der Stadt [Meldorf], und setzte sich neben Brunsbüttel an einem kleinen Strome, woran die Einwohner eine Schanze aufgeworfen hatten.“
Es gelang den Angreifern aber am nächsten Tag (7. Juni), die Schanze auf einer hinreichend festen Sandbank zu umgehen, die sich erst vor kurzem gebildet hatte. Die Besatzung der Schanze versuchte darauf hin zu fliehen, jedoch setzten die Holsteiner den flüchtenden Ditmarschern nach und töteten viele von ihnen. Die übrigen zerstreuten sich im Lande oder retteten sich auf das andere Elbufer. Der Flecken Brunsbüttel wurde im Sturm ohne großes Blutvergießen genommen, da die meisten Einwohner den Ort schon verlassen hatten.
Bolten schreibt, dass Johann Rantzau
„nebst dem Grafen von Oldenburg im Flecken übernachtete, Waltherthumb aber im nächsten Dorfe dabey, das Quartier nehmen ließ.“
Am Folgetag (8. Juni) traf man auf
„ungefähr vierhundert Männer, nebst einer Anzahl Weiber, Knaben und Mägden, auf eine mit zwey Häusern besetzte und mit Wasser und Sümpfen umgebene Wurth gewichen, wo selbige Graben aufgeworfen, in der Eile sich etwas verschanzet, Wagen zusammengeschoben, allerley altes Bettzeug, Bankpfühle, Leinwand und sonstige Sachen … zusammengetragen und sich hinter solchen Dingen … gegen eine feindliche Macht und einen Anfall zu halten und zu vertheidigen Anstalt machten.“
Weiter heißt es:
„Wie sie aber sahen, daß sie von den angerückten Regimentern rund umher eingeschlossen wurden, und auf sie gleichsam Kopfjagd gemacht werden sollte, so warfen sie ihre Waffen nieder, und ergaben sich auf Gnade und Ungnade.“
Johann Rantzau stand nun vor der Frage, was mit den ungefähr 700 „armen, unbewaffneten Menschen“ geschehen sollte, aber dann
„trafen diese in eigenen Personen bey ihm ein, da denn der junge König gleich zum Mitleid gegen sie bewogen ward.“
In dem am folgenden Tag gehaltenen Kriegsrat der Fürsten plädierten allerdings zwei Herzöge, Breda Rantzau und Bertram Seestedt, und andere für deren Niedermetzelung. Johann Rantzau dagegen erklärte die Massakrierung dieser Menschen für „sehr tyrannisch“. Der inzwischen angereiste König
„fiel ihm bey, und verlangte, wenn es nicht anders seyn könnte, ihm der dritte Theil der Gefangenen durchs Loos gegeben werden möchte, um sich nicht mit dergleichen Grausamkeit zu beflecken.“
Darauf hin wurde im fürstlichen Lager beschlossen, die „Vornehmsten unter den Gefangenen“ nach Holstein zu bringen, während die „übrigen hingegen mit Weibern und Kindern über die Elbe“ gesetzt werden sollten. Zuvor sollten sie aber noch schwören, nichts
„wider den König und die Herzöge zu unternehmen, und nicht ohne Erlaubnis der Fürsten wiederkommen zu wollen.“
Nach Bolten (1784, 367) wurden viele Gefangene jedoch nicht nach Holstein, sondern über Husum nach Gottorf geführt. Herzog Adolf allein soll am Ende des Krieges 500 Gefangene auf Schloss Gottorf beherbergt haben.
Unter den Gefangenen soll sich auch „der Vogt von Brunsbüttel“ Jacobs Harder befunden haben. Der König ließ Jacobs Harder in sein Schloss Segeberg bringen (Chalybaeus, 1888, 264). Dieser wurde nach vollendeter Eroberung erster königlicher Landvogt vom „südlichen Drittheile“, also vom königlichen Drittel Dithmarschens (Bolten, 1784, 368). Jacobs Harder bekleidete dieses Amt von 1559 bis 1567 und „hat … zu Brunsbüttel auf der Deichshörn gewohnet“. Das schrieb jedenfalls Bolten. Johnsen (1961, 409) wies jedoch nach, dass Jacobs Harders Hof im Landregister unter „Brunßbuttell“ eingetragen war.
Lag die Wurt an der Elbe?
In seiner ausführlichen Abhandlung über die Letzte Fehde von 1559 konstatiert Schäfer (1930, 18), dass „die Nachrichten … nicht [genügen], um den eingeschlagenen Weg und die Lage der Schanze sicher zu bestimmen“. Die beiden von Rantzau in Ostermoor an den dänischen König geschriebenen Briefe (unten) weisen zwar nach Ostermoor, aber der letzte Zufluchtsort der Dithmarscher muss sich nicht notwendigerweise in der Bauerschaft Ostermoor befunden haben.
In seinem Brief vom 7. Juni berichtet Johann Rantzau, dass er irrtümlicherweise zunächst davon ausgegangen sei, dass das Regiment des Obersten vom Wolde vom Feind belagert werde. Von Wolde hatte den Auftrag, Dithmarschen von der Wilstermarsch aus anzugreifen (Schäfer, 1930, 19). Ein Einfall nach Dithmarschen war damals wohl nur über das Hochmoor möglich. Rantzau musste daher annehmen, dass das Heer des Obersten dort oder im Osten der Ostermoorer Marsch in Schwierigkeiten geraten sei. Dies bewog ihn, seine Leute möglichst schnell von Brunsbüttel aus nach Ostermoor in Richtung Landesgrenze vorrücken zu lassen.
Wahrscheinlich erst gegen Abend des 7. Juni („es war aber vast spet“), als er bereits auf Ostermoorer Grund war, erkannte Johann Rantzau aber, dass vom Woldes Haufen ihm entgegen früherer Meldungen unbedrängt entgegen marschierte. Da sich die Lage nun grundlegend geändert hatte („es aber mit Reimar vom Walde die gestalt nicht gehabt“) und die Soldaten erschöpft waren („die knechte so gar müde gewesen“), entschied Rantzau, zu biwackieren und die Suche nach dem Feind erst am nächsten Morgen fortzusetzen. Ob Rantzau die Nacht (bequemerweise) wirklich im Flecken Brunsbüttel verbrachte, wie Bolten berichtet, ist zweifelhaft (Chalybaeus, 1888, 263). Seine Soldaten schlugen ihr Lager jedenfalls wahrscheinlich auf Ostermoorer Terrain auf.
Am Morgen des 8. Juni, noch bevor er den ersten Brief abgeschickt hatte, erfuhr Johann Rantzau durch einen als Unterhändler auftretenden Prediger, dass sich zahlreiche Flüchtlinge auf einer Wurt verschanzt hätten. Rantzau ließ die Wurt wahrscheinlich schnellstmöglich umstellen.
Aber wo mag die Wurt gelegen haben? Die zeitgenössische Karte von Boeckel (Ausschnitt unten) zeigt zwar zahlreiche Kampfszenen, gibt aber leider keinen Aufschluss darüber, wo Rantzau die Flüchtlinge vorfand. Bei genauer Betrachtung der Karte erkennt man jedoch östlich der Einmündung des Eddelaker Fleets in die Elbe vor dem Elbdeich Strukturen, die man als am Elbdeich angelehnte Wurt mit zwei Häusern und Menschen deuten könnte.
Diese Wurt lag vor der Bauerschaft Oldeburwörden und stellte möglicherweise einen Rest der alten Dorfwurt dar. Man kann vermuten, dass sie von den Dithmarschern als Fluchtpunkt gewählt wurde, weil sie von Brunsbüttel aus schnell erreichbar war, am Elbstrom lag und deshalb noch Hoffnung bestand, in den nächsten Stunden oder Tagen mit Booten über die Elbe entkommen zu können. Auf einer Wurt im Landesinneren wäre man dagegen sehr schnell eingeschlossen worden, Fluchtmöglichkeiten hätten dann nicht mehr bestanden.
Anmerkung zu den Karten
Arnold (2005) bemerkt, dass der „Querdeich unter Brunsbüttel so nie existiert“ habe. In der Tat befindet sich dort das Eddelaker Fleet, dessen Einmündung in die Elbe auf den Karten klar zu erkennen ist. Allerdings kann meines Erachtens nicht ganz ausgeschlossen werden, dass auf dem Ufer des Fleets noch Reste eines Deichs aus dem Hochmittelalter vorhanden waren, der gebaut wurde, als das Gebiet von Brunsbüttel eingedeicht wurde. Im Osten (in der linken Karte unten) der Bauerschaft Ostermoor ist der Holstengraben (unter „De Landscheydung“) zu erkennen, zwischen dem Eddelaker Fleet und dem Holstengraben der „Hafen der Ostermoorleute“, auch Hoppenhaven genannt.
Die Alternative
Es wäre merkwürdig, wenn ein solch einschneidendes Ereignis wie das oben beschriebene keinerlei Spuren in der Volksüberlieferung hinterlassen hätte.
Hanssen und Wolf (1833, 48) schreiben in ihrer Chronik des Landes Dithmarschen über den kleinen Ort Josenburg, dass man sich erzähle, dass
„in der Freiheitszeit hier ein gewaltiger Boje mit seinen 5 oder 6 Söhnen gehaust und seinen Hof zur Feste wider die Holsten gemacht habe“.
War womöglich Josenburg die letzte Bastion der Brunsbütteler gegen die Invasoren?
Josenburg befindet sich zwar im Kirchspiel Eddelak, grenzt aber unmittelbar an die Bauerschaft Ostermoor. Der Ort wird bereits 1578 in Meldorfer Gerichtsprotokollen erwähnt („Hanneken Peter thor Josenborch“ in LAS 102.1, 149), wäre also hinreichend alt.
Sicherlich residierte nie ein „gewaltiger Boje mit 5 oder 6 Söhnen“ in Josenburg. Es lebte hier allerdings der Bauernschaftsgevollmächtigte und kurzzeitige Kirchspielvogt Claus Boie (1735 – 1792), genannt „Claus der Reiche“. Der Großhof Josenburg wurde erst von dessen Vater Peter (1692 – 1750) begründet, der einem Zweig der Ostermoorer Boien enstammt. Als Hanssen und Wolf ihre Chronik verfertigten, war die Erinnerung an diese beiden Boien und die relativ unspektakuläre Entstehungsgeschichte des Hofs sicherlich noch in der Bevölkerung lebendig. Es bestand daher selbst für phantasiebegabte Menschen keinerlei Anlass, die beiden Fast-Zeitgenossen mit der Errichtung einer „Feste wider die Holsten“ in alter Zeit in Verbindung zu bringen.
Trotzdem mögen diese beiden Boien einen Beitrag zur Verfestigung der Josenburg-Legende geliefert haben. Aber könnte es nicht sein, dass der in der Bolten’schen Chronik erwähnte Jacobs Harder, „der Vogt von Brunsbüttel“ und spätere Landvogt des königlichen Teils Dithmarschens, der gesuchte „gewaltige Boie“ war? Wie uns sein Siegel von 1561 verrät (Boie, 1936), entstammte dieser bedeutende Mann nämlich dem Geschlecht der Brunsbütteler Boien! Allerdings „hauste“ Jacobs Harder nie auf der Josenburg – sein Hof befand sich nämlich in Diekshörn bzw. Brunsbüttel (siehe oben). Auch hatte er wohl keine „5 oder 6 Söhne“ (siehe Stammtafel der Brunsbütteler Boien in Boie und Boie, 1909) – es mag sich um Gefolgsleute aus dem Geschlecht der Boien gehandelt haben.
Mein Vorfahr Wilcken Boie (1670 – 1747), um 1700 der größte Bauer in Ostermoor, dort geboren und später in Westerbüttel lebend, hatte jedoch 7 Söhne, von denen 6 das Erwachsenenalter erreichten und heirateten. Vielleicht hat dies die Menschen so beeindruckt, dass sie die vielen Söhne dieses Mannes in die Legende einwoben.
Der aus der Sicht der einfachen Bürger „gewaltige Boje“ Jacobs Harder führte die auf der Wurt eingeschlossenen Dithmarscher an, und es war wahrscheinlich auch er, der sie in aller Eile zur „Feste gegen die Holsten“ ausbauen ließ. Demnach war diese „Feste“ nicht etwa bereits vor 1559 gegen einen aus Holstein über das Hochmoor anrückenden Feind errichtet worden, wie man zunächst denken mag. Vielmehr stellte die Josenburg ein Provisorium zur Abwehr des Heeres des holsteinischen Ritters Johann Rantzau dar.
Rantzaus Heer könnte am späten Nachmittag des 7. Juni von Brunsbüttel aus kommend das Eddelaker Fleet auf dem Weg zwischen Soesmenhusen und Oldeburwörden überquert haben, um an der Landesgrenze dem vermeintlich bedrängten Regiment des Obersten von Walde zur Hilfe zu eilen. Diese Pläne waren aus den oben dargelegten Gründen aber alsbald obsolet, und Rantzau brach den Vormarsch nach Osten ab.
Am Abend berichtete er dem König in seinem ersten Brief von den Ereignissen des Tages. Nachdem Rantzau am Morgen des 8. Juni von den Flüchtlingen auf der Wurt erfahren hatte, dürfte er seine Einheit umgehend nach Josenburg beordert haben. Sie mag auf der Wurtleutetweute oder auf dem späteren Koogsweg nach Norden vorgerückt sein. Seinen zweiten Brief an den dänischen König (unten) könnte er verfertigt haben, als er sich südlich oder südwestlich von Josenburg, aber noch in der Bauerschaft Ostermoor aufhielt (siehe Karte von Mejer). Bolten (1784) beschreibt den Zufluchtsort der Dithmarscher als „mit zwey Häusern besetzte und mit Wasser und Sümpfen umgebene Wurth“. Diese Beschreibung passt hervorragend auf die Gegend Josenburg, wo das Abgraben des Hochmoors wahrscheinlich eine Sumpflandschaft hinterlassen hatte.
Ausschnitt aus der Karte von Johannes Mejer, 1651. Die gepunktete Linie markiert die Grenze zwischen den Kirschpielen Brunsbüttel und Eddelak.
Rantzaus Briefe an den dänischen König
Hier nun die beiden Ostermoorer Briefe Rantzaus (Michelsen, 1834, 202):
Her Iohan Rantzowen schreiben, itzige kriegsleuffte vnd einen Predicanten durch welchen die Süderstrandinger gnade bitten lassen, betreffend.
7. Juni 1559.
(Product. Meldorff den 8. Juny Anno LIX.)
Durchleuchtigster großmechtigster, Durchleuchtige hochgeborne Fürsten vnd Hern, E. K. Mat. vnd F. G. sein mein vnderthenigste vnd vnderthenige gehorsame vnd willige dienste beuorn, gnedigster König vnd gnedige Hern. Ich will mit nichten zweiffeln, E. K. M. vnd F. G. haben hieuormals, was vns samptlichen alhir düsser orte van vnsen wedderwerdigen begegent, gnugsam bericht, dergestalt das wir gestrigs tags die gelegenheit besichtigt, heuten Dato früh morgens den Feind im nhamen der hilligen dreifaltigkeit anzugreiffen fürhabens, als wir auch gethan. Die feinde aber haben für vns die schantzen vorlauffen, die flucht genommen, vff sollichem nachjacht sein dennoch etzliche Ditmarschen erstochen vnd erschossen worden. Als aber die nachjacht ein ende gehatt, bin Ich dennoch bewogen, dem genommen abscheide nach den Zug nach Brunsbüttel zu fullensürende, darzu denn der Edel vnd wolgeborne Herr Anthoni Graff zu Oldenburg vnd Delmenhorst, mein gnediger Her, mit S. G. Regiment knechten, wiewoll dieselben nas vnd faule, dennoch zum zuge willich gewesen, vnd also den zug nach Brunsbüttel fürgenommen. Der Oberste Walderthumb aber mit seinen knechten ist in der nachjagt von vns kommen vnd noch nicht wieder angelangt. Ob er mm bey M. F. G. vnd Hern Hertzog Adolffen ankhomen, ist mir vnbewust, vnser Zug aber hat sich dardurch geendert, meines erachtens das seine knechte so sowoll als andre müde gewesen. Vnd nachdem aber Hochgedachten Graffen vnterwegen ehr dann daß wir Brunsbüttel erreicht, zeitungen zukommen, das der Oberste Reimer vam Walde durch den feint belagert, derwegen Ick nicht lenger vorharren können, sunder viel giriger worden, den zug nach Brunsbüttel vnd also nach dem Ostermoer mit aller gelegenheit zu erkunden fürzunemende, da Ich dan befunden, das Claus Rantzou vnd Reimar vom Wolde, als sie vnsern anzugk vormerkt, mit den knechten vnd Inwhonern der beiden Marsche auch angezogen. Es war aber vast spet, vnd hette sich sollichs so lange des bösen wetters halben vorweilet. Als es aber mit Reimar vom Walde die gestalt nicht gehabt, die feinde abermals des orts auch entlauffen, also das man nicht mann oder weib in dem orte fürgefunden, die knechte so gar müde gewesen, das man nicht lenger volgen konde, derhalben mich alhier hin vnd wieder diese nacht vff vngelegene Stette lageren müssen, vnd bin bedacht, morgen wiederumb den feind zu suchen, so viel müglichen zu vorvolgen vnd ein ander lager zu suchen, der hoffnung, der feint werde dennoch zum letzten an einem orte anzutreffen sein. Wie Ich mich aber ferner vorhalten soll, das werden E. Kon. Mar. vnd F. G. sampt den Königl. vnd Fürstl. Rethen gnedigst vnd gnedig erwegen vnd mich daruff Ihr gnedigst vnd gnedige gemöte vnd meinunge mit gnaden vormelden, darnach Ich mich vnderdenich zu richtende. Welches E. Kön. Mat. vnd F. G. denen Ich vnderthenigst vnd vnderdenig dienst zu erzeigen willichst als schuldigst, nicht vorhalten sollen, vnd hieruff derselben gnedigst vnd gnedig antwort gewertig bin. Dat. Ostermoer den 7. Iuny Anno LIX. E. Kön. Mat. vnd F. G.
vnderthenigster vnd vnderdeniger, schuldiger vnd williger Iohan Rantzou, Ritter.
In den Brief eingelegter Zettel
Auch gnedigster vnd gnedige Hern, wie Ich diesen morgen dis mein schreiben habe abfertigen wollen, ist mir ein Predicant, welchen die ganze Süderstrant vmb einen Frieden bei mir vnd andern ansuchunge zu thunde abgefertigt, mit demselben Ich allenthalben vnderredung gehabt. Wiewoll Ich nu, dieweil sie nie bei einander, an weibe vnd kinde blut zu vorgiessen, so viel müglichen zu vorschonen gerne sehen möchte, so weis ich mich doch zu berichtende, das ihnen nicht zu glauben oder zu vortrauen, vnd darinne allerley bedenckent, wie dann E. Kön. Mat. vnd F. G. gnedigst vnd gnedig zu ermessen, übersende denselben Predicanten bei gegenwartigen brieves Zeigern E. K. M. vnd F. G. vnderthenigst vnd vnderdenig zu, vnd werden dieselben ihn hören, vnd was die nottursft erfordert, mit Ihren Königl. vnd Fürstl. Rethen in den Rath stellen.
Vnser andern, die wir alhier sein, ist vnser bedenckent, wenn man mit diesen düsses orts, dieweil es so weit gereicht, seinen willen geschaffet vnd die hertigkeit mit ihnen braucht, So hetten die anderen desto mehr scheu, vnd mochten gedenken, das keine gnade zu erlangen. Will man sie auch zu gnaden annehmen, werden sie woll müssen das Geschütze vnd alle Wehre von sich geben, vnd der gebür vorhalten. Wir aber haben vns jegen ihnen nichts zu vorsprechen wissen, vnd sein bedacht, diesen tagk die gelegenheit ferner zu besichtigen. Wes nun E. K. M. vnd F. G. samvt derselben beihabenden Konigl. vnd Fürstl. Rethen in Rathsam bedenken vnd ferner darinne fürzunhemende, bitt Ich vnderthenigst vnd vnderdenich E. K. M. vnd F. G. willen mir daruff gnedigst vnd gnedig antwort vnvorzüglichen mit gnaden vormelden. Dat. Ostermoer den 8. Iuny Anno LIX.
Literatur
- Boie K. (1936): Zur Vorgeschichte der „Brunsbütteler Boien“ in Dithmarschen. Dithmarschen. Blätter der Heimatgestaltung 12, 74 – 84.
- Boie K. und R. Boie (1909): Die Familie Boie. Brunsbütteler Linie. Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte 39, 1 – 135.
- Bolten J.A. (1784): Ditmarsische Geschichte. Dritter Theil. Kortens Buchhandlung. Reprint Verlag Schuster, Leer, 1979, 427 Seiten.
- Chalybaeus R. (1888): Geschichte Dithmarschens bis zur Eroberung des Landes im Jahre 1559. Verlag Lipsius und Tischer, Kiel und Leipzig, Nachdruck Verlag Schuster Leer, 1973, 329 Seiten.
- Esch und Haack (zirka 1895): Eddelak in alter und neuer Zeit. D. Hinz, Brunsbüttelhafen, 55 Seiten.
- Hanssen J. und H. Wolf (1833): Chronik des Landes Dithmarschen. Langhoffsche Buchdruckerei, Hamburg, 515 Seiten.
- Johnsen W. (1936): Josenburg. Beiträge zur Hofgeschichte und Sippenkunde. Artikel in der Brunsbütteler Zeitung vom 11. – 19. Februar, insgesamt 26 Seiten.
- Johnsen W. (1961): Bauern, Handwerker, Seefahrer. Zeit- und Lebensbilder aus dem Kirchspiel Brunsbüttel und aus dem Lande Dithmarschen 1550 – 1850. Verein für Brunsbüttler Geschichte. 468 Seiten.
- Michelsen A.L.J. (1834): Urkundenbuch zur Geschichte des Landes Dithmarschen. Reprint Scientia Verlag, 1969, 414 Seiten.
- Neocorus (1598): Dithmersche Historische Geschichte. 1. Band. Hrsg. F.C. Dahlmann, 1827. Verlag Heider Anzeiger, 1904, 584 Seiten.
- Schäfer D. (1930): Der Dithmarscher Krieg. Jahrbuch des Vereins für Dithmarscher Landeskunde, Band X, 1 – 30.