Die Wasserzeit 1717 – 1721 – Lebensmittelhilfe 1718 und 1720

Nahrungsmittelhilfe 1718 und 1720

Nach der Weih­nachts­flut von 25.12.1717 und der Eis­flut von 25.2.1718 lit­ten vie­le Ein­woh­ner des Kirch­spiels Bruns­büt­tel unter Hun­ger. Daher wur­de dem Kirch­spiel Brot zu Ver­fü­gung gestellt, das ver­mut­lich zwi­schen dem 24. Janu­ar und dem 17. März 1718 unter den Armen ver­teilt wur­de. Unten wird eine Lis­te der 116 Emp­fän­ger von Nah­rungs­mit­tel­hil­fe in der Bau­er­schaft Oster­moor prä­sen­tiert (LAS 102 AR 1718).

Im Jah­re 1719 blie­ben die Ver­su­che, die Bra­a­ke zu durch­dei­chen, ohne Erfolg. Im nach­fol­gen­en Win­ter bra­chen des­halb die Kaje­dei­che, und die Marsch wur­de bis zur Barl­ter Schüt­tung unter Was­ser gesetzt (Fischer, 1957). Die Neu­jahrs­flut von 1720/21 zeriss die bis dahin errich­te­ten Deich­bau­ten an meh­re­ren Stel­len und über­schwemm­te das Kirch­spiel Bruns­büt­tel von neu­em. Den­noch liegt kei­ne Lis­te von Lebens­mit­tel­hil­fe aus dem Jah­re 1721 vor.

Die zwei­te Lis­te von Nah­rungs­mit­tel­emp­fän­gern wur­de 1921 unter­schrie­ben. Die Über­schrift der ent­spre­chen­den Lis­te für das Kirch­spiel Eddel­ak, auch sie wur­de 1721 unter­schrie­ben, lässt mich aber ver­mu­ten, dass die zwei­te Lis­te aus dem Jah­re 1720 stammt. Dafür spricht auch, dass die Lis­te Bestand­teil des Amts­re­gis­ters von 1720 (LAS 102 AR 1720) ist.

Im Ver­gleich zu 1718 war der Kreis der Nah­rungs­mit­tel­hil­fe­emp­fän­ger dies­mal deut­lich grö­ßer, sogar die für Oster­moorer Ver­hält­nis­se gro­ßen Bau­ern fin­den sich auf der Lis­te. Jedoch ist unklar, ob der Rog­gen für alle Hof­be­woh­ner oder nur für das Per­so­nal gedacht war. Die kleins­te den Haus­hal­ten zuge­wie­se­ne Men­ge betrug 1/3 Ton­nen (1 Rends­bur­ger Ton­ne = ca. 128 kg). Die­se Rati­on war wohl für allein ste­hen­de Erwach­se­ne vorgesehen.

Der größ­te Bau­er der Bau­er­schaft war mein Vor­fahr Wilcken Boye. Er erhielt wie die ande­ren Groß­bau­ern im Kirch­spiel den Höchst­satz von 3 Ton­nen Rog­gen. Auf sei­nem Hof leb­ten im Jah­re 1711 zwei Mäg­de, ein Knecht und ein Dienst­jun­ge, auf dem fast eben­so gro­ßen Hof sei­nes Bru­ders Johann Boye d. J. [redak­tio­nel­le Anmer­kung vom 10. Febru­ar 2014: Es ist nicht klar, ob der Autor hier einen fal­schen Link gesetzt hat.] zwei Mäg­de, zwei Knech­te und ein Dienst­jun­ge (LAS 102 AR 1711) – die­ser Per­so­nal­be­satz scheint auf den Höfen die­ser Grö­ßen­ord­nung die Regel gewe­sen zu sein. Die Fami­lie des Wilcken Boye umfass­te 1721 neben dem Vater – er war seit 1719 Wit­wer – sechs Söh­ne und eine Toch­ter, von denen ich aber nicht weiß, ob sie noch alle auf dem Hof wohn­ten. Die zur Ver­fü­gung gestell­te Men­ge an Rog­gen wird also wahr­schein­lich für alle Hof­be­woh­ner gedacht gewe­sen sein, ins­be­son­de­re wenn man annimmt, dass klei­ne­ren Kin­der eine gerin­ge­re Men­ge an Rog­gen (viel­leicht 0,25 Ton­nen) zuge­stan­den wurde.

Der ers­ten Lis­te kann ent­nom­men wer­den, dass durch­schnitt­lich 4,5 Per­so­nen in einem Haus­halt leb­ten. Wenn wir die­sen Wert über­neh­men, dürf­ten 1720 an unge­fähr 320 Oster­moorer Rog­gen aus­ge­teilt wor­den sein. Wir kön­nen dar­aus schlie­ßen, dass damals trotz des zer­stör­ten Elb­deichs noch vie­le Men­schen in Oster­moor leb­ten. Deren Zahl war wahr­schein­lich sogar deut­lich grö­ßer als 320, denn nach der letz­ten Über­schwem­mung  wur­de das Kirch­spiel teil­wei­se eva­ku­iert – unten wird näm­lich erwähnt, dass Leu­te zur Geest gefah­ren und ihnen eine Brot­ra­ti­on mit auf den Weg gege­ben wurde.

Die Nahrungsmittelhilfe von 1718

Sind noch vor­han­den fol­gen­de Arme und dürff­ti­ge Per­soh­nen, wel­che kein Brodt haben, und dahe­ro von dem Pflicht­korn ihnen mit­zut­hei­len, aller demüt­higst bit­ten und umb Got­tes Wil­len anhalten:

Im Vier­tel Östermohr.

  • Jochim Hun­ten­borg mit der Frau und 2 Kinder
  • Peter von Eßen, deßen Frau und 4 Kinder
  • Johann Seve­rin, deßen Frau und 6 Kinder
  • Hin­rich Clau­ßen mit der Frau und 3 Kinder
  • Hanß Prün, deßen Frau und 2 Kinder
  • Mar­ten Roh­wed­der, deßen Frau und 4 Kinder
  • Ernst Jacob Reh­ders, deßen Frau und 2 Kinder
  • Claus Borg­feld, deßen Frau und 4 Kinder
  • Jacob Rave, deßen Frau und 2 Kinder
  • Sierck Wilckens, deßen Frau und 5 Kin­der, auch sei­ne und sei­ner Frau­en alten Müttern
  • Johann Kolt­mann, deßen Frau und 3 Kinder
  • Claus Kohl­saat deßen Frau und Kind
  • Wilcken Wilckens, deßen Frau und 3 Kinder
  • Jacob Mar­tens deßen Frau und 2 Kinder
  • Jür­gen Spre­ckel, deßen Frau und Kin­der auf der Geest
  • Johann Wit­te, deßen Frau und 2 Kinder
  • Johann Jür­gens und deßen Frau
  • Johann Kohl­saat Peters Sohn, deßen Frau und 5 Kinder
  • Hin­rich Loeß lie­get vorm Arzt
  • Clauß Kolt­mann und 2 Kinder
  • Cars­ten Brack­mann, deßen Frau und 3 Kinder
  • Johann Böet­jer, deßen Frau und 2 Kinder
  • Claus Tie­de­mann, deßen Frau und 3 Kinder
  • Hen­nings Ties deßen Frau und 4 Kinder
  • Johann Kohl­saat Hin­richs Sohn, 1 Kind und 1 von Claus Bunge
  • Clauß Puls, deßen Frau und Kin­der auf der Geest
    Sum­me: 116 Persohnen

Die­sen armen und not­h­ley­den­den Per­soh­nen im Kirch­spiel Bruns­büt­tel sind in allem von dem Königl. Herrn Cam­mer Rath und Land­schrei­bers H. Hanns Hin­rich Eggers Ein­hun­dert zwey und dreyt­zig Ton­nen 142 Schef­fel oder 132 Ton­nen 142 Schef­fel abge­fol­get, weill Sie bey deren bee­den hohen Waßer­flu­then vom 25 Decembr. 1717 und 25 Febr. 1718 um all das ihri­ge gekom­men, auch zu hin­hal­tung ihres Lebens des Brodts unum­gang­lich benö­ti­get gewe­sen, und umb Gottes=Willen dar­umb gebe­then ein­föl­gig nach der Ren­des­bur­gen Mae­ße an unß aus­ge­lie­fert und unter die Armen wie­der nach und nach aus­get­hei­let wor­den, sol­ches thun wir auff unse­ren Ampts­byth mit unse­ren eigen­hän­di­gen Unter­schrift beschei­ni­gen. Mel­dorff den 26. April Ao 1718.

H. Dree­ßen G.    Viet­tes Claus Detl­eff    Hin­rich Lienouw [Orgi­nal­un­ter­schrif­ten]“


Die Roggenempfänger von 1720

Desi­gna­tio
An wel­che der Rog­ken wel­cher Ihre Königl. Mayst. für die Ein­ge­se­ße­nen  in den über­schwem­ten Kirch­spiel Bruns­büt­tel aller­gnäd. bewil­li­get haben, aus­get­hei­let worden.“

aufm Öster­mohr

  • Claus Borg­feld
  • Johann Let­jens
  • Sierck Siecks
  • Man­gels Bockelmann
  • Hans Lüer
  • Johann Thie­ßen
  • Peter Tie­de­mann
  • Peter Geerts
  • Peter Mar­tens
  • Jacob Ramm
  • Ties Claus
  • Hin­rich Claußen
  • Claus Tie­de­mann
  • Johann Tie­de­mann
  • Hin­rich Redegelt
  • Hans Maa­ßen
  • Boje Albers
  • Peter Dree­ßen
  • Claus Peters
  • Ahl­rich Free­sen Witwe
  • Hin­richs Johanns Hinrichs
  • Har­men Mehlhoep
  • Tewes Johann
  • Raven Hans
  • Johann Fer­gens
  • Claus Jür­gens
  • Jür­gen Spreckelßen
  • Hin­rich von Eßen
  • Claus Kohl­saat
  • Hin­rich von Eßen
  • Claus Puls
  • Johann Harold (oder Herold)
  • Küpe Paul­ßen
  • Peter Mei­nert
  • Johann Kohl­saat
  • Sierck Wilckens
  • Peter Win­ter
  • Hin­rich von Spreckels
  • Hin­rich von Spre­ckels Johanns Sohn
  • Johann Boye Tewes Sohn
  • Wilcken Kohl­saat
  • Jochim Zacha­ri­as Fritz
  • Paul Hin­richs
  • Johann Mei­nert
  • Mar­ten Meinert
  • Johann Seve­rin
  • Claus Stöfen
  • Johann Peters
  • Johann Wit­ten Witwe
  • Sierck Siercks
  • Mar­ten Rowedder
  • Peter von Essen
  • Johann Boje
  • Wilcken Boje
  • Ties Tie­ßen
  • Hin­rich Mehlhoep
  • Jür­gen Ackermann
  • Johann Schrö­der
  • Claus Rei­mers
  • Antie Feld­mans
  • Cars­ten Beekmann
  • Wilcken Wilckens
  • Vits Claus Detlef
  • Johann Jacob­sen
  • Jacob Jacob­sen
  • Nic­las Laßahes Witwe
  • Hin­rich Freercks
  • Ties Tie­de­mann
  • Trien­ke Martens
  • Antie Mar­tens
  • Claus Mewes

Unter denen im Was­ser ste­hen­den (?) Leü­ten, deren Häu­ser in der letz­ten gro­ßen Fluth sosehr rui­ni­ret dass sie dar­in nicht blei­ben kön­nen, dahe­ro die­sel­be dem nach der Geest abge­holet wor­den, ist an Brodt mit auf den Weg gege­ben 4 1/3 Ton­nen. Total 199 ½ Tonnen.

Daß vor­ste­hen­de Ein hun­dert Neun und Neu­tzig und eine hal­be Ton­nen Rog­ken nach der hoch­preiß­li­chen Königl. Ren­te­kam­mer Ver­ord­nung, von den Herrn Com­merz Rath und Land­schrei­ber Eggert rich­tig aus­ge­lie­fert, und an die Ein­ge­ses­se­nen die­ses vom sal­zi­gen Was­ser bis­he­ro über­schwem­ten Kirch­spiels, ob … maßen aus­get­hei­let wor­den, sol­ches wird hir­durch attestirt. Bruns­büt­tel d. 26 Mar­ty 1721

Claus Lin­au Kirch­spiel­vogt    Vietz Clauß Det­lefs [Ori­gi­nal­un­ter­schrif­ten]“

Letz­te sub­stan­zi­el­le Ände­rung: 5.10.2012